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Warum Miranda die beste Rolle in Sex and the City ist– nicht Carrie

Foto: REX/Shutterstock.

Kürzlich habe ich ein ominöses Foto von mir gefunden. Ich kann mich an die Nacht, in der es aufgenommen wurde, nicht mehr erinnern, aber aufgrund eines winzigen Details – nämlich der Cocktail, den ich in meiner Hand halte – kann ich mit einiger Sicherheit sagen, in welchem Jahr es gemacht wurde und mit wem ich damals unterwegs war.

Der Cocktail ist ein Cosmopolitan und das bedeutet, dass ich damals tief in meiner Sex and the City-Phase steckte, sehr häufig das Wort „großartig” verwendete, High Heels trug, in denen ich nicht laufen konnte und ständig mit meinen College-Freundinnen Sara, Caitlin und Jenny abhing. Wir vier betrachteten uns als die Mittzwanziger-Version der vier Hauptfiguren besagter TV-Serie. Jung und auf der Suche nach uns selbst, nahmen wir uns die vier als Vorbild: Wir sprachen und gingen aus wie sie, wir kleideten uns wie sie, wir dateten und sprachen danach darüber und natürlich über den Sex, genau wie sie.

Ich erinnere mich an eine Unterhaltung, in der es darum ging, wer von uns welcher Seriencharakter sein könnte. Natürlich wollte jeder Carrie sein. Wie Charlotte oder Samatha zu sein, ging auch in Ordnung. Die eine war irgendwie entzückend, die andere eine echte Powerfrau. Aber wie Miranda wollte keine von uns sein. Wie Miranda zu sein bedeutete:

A: Nicht sexy zu sein. (Erinnert ihr euch daran, dass keiner mit ihr einen Dreier wollte?)

B: Stur und nicht sonderlich warmherzig zu sein.

C: Ein Workaholic und nicht sonderlich spaßig und spontan zu sein.

Meine negative Meinung über Miranda hielt auch dann noch an, als ich die Serie schon gar nicht mehr regelmäßig schaute. Aber wisst ihr was? Ich lag vollkommen falsch. Miranda Hobbes ist nämlich tatsächlich die tougheste der SATC-Grazien. Und sobald ich die Großartigkeit Mirandas erkannt hatte, hatte sich auch meine Sicht auf die anderen Charaktere und die gesamte Serie verändert.

Bis zum August dieses Jahres hatte ich seit sechs Jahren keine einzige Folge Sex and the City mehr gesehen. Aber nach der Rückkehr aus dem Urlaub, brauchte ich etwas Erheiterndes, Tröstendes und Vertrautes, mit dem ich mich in Fötushaltung auf meiner Couch zusammenkauern konnte. Wenn man die Figuren mal beiseite lässt, ist es nahezu schockierend, wie männerfeindlich die Serie ist, vor allem in den ersten Staffeln. Carries Stimme aus dem Off bewertet Männer durchgehend anhand ihres Einkommens, ihres sozialen Status’, anhand dessen, was sie im Bett drauf haben und viel mehr auch nicht. Ich habe mir ein paar Folgen gemeinsam mit meinem Freund angesehen und musste an einigen Stellen schlucken und fragte mich, ob wir uns wohl auch eine Serie ansehen würden, in der Männer so über Frauen sprachen.

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Foto: New Line Cinema/REX/Shutterstock.

Mit Mitte 20 habe ich die Geschichte zwischen Carrie und Big immer bloß aus ihrer Perspektive gesehen. Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, hätte ich Carrie vermutlich auch nicht daten wollen. Sie ist bedürftig, unsicher, manipulativ und aufdringlich. Wenn du zum Beispiel Zeit mit deiner Mutter verbringen möchtest (in der Kirche!) und dann taucht da aus heiterem Himmel die Person auf, mit der du dich ab und an verabredest, obwohl du ihr gesagt hast, dass du Zeit alleine mit deiner Mutter verbringen möchtest, was würdest du da denken? Und das bringt mich zurück zu Miranda: Sie ist die Einzige, die ehrlich mit Carrie ist, wenn es um Big geht. Und wenn sie dann zu viert im Restaurant sitzen, brunchen und über die Männer herziehen, ist es Miranda die aufsteht und sagt: „Alles worüber wir reden ist Big und Eier und kleine Schwänze. Wie kann es sein, dass vier kluge Frauen nichts anderes haben, worüber sie reden können als ihre Männer? Was ist mit uns? Was wir denken? Was wir fühlen? Was wir wissen – Verdammt! Muss es denn immer um sie gehen? Ruft mich an, wenn ihr über etwas anderes reden wollt als Männer.“ Diese Szene mit 33 noch einmal gesehen zu haben, hat mich erkennen lassen, dass sich meine Beziehung zu Miranda und SATC im Allgemeinen verändert hat: Als ich in den 20ern war, wirkten ihre Ausbrüche langweilig und wertend auf mich (ja, typisch Miranda). Heute denke ich eher: „Amen, Schwester!“ Ich verstehe ja, dass Liebe und Beziehungen eine zentrale Säule im Leben eines jeden sind – aber es ist eben auch nur eine Säule von vielen. Als ich jünger war, war ich wahrscheinich noch nicht reif genug, das zu erkennen – es ging immer nur um Freunde und Sex. Mit der Zeit verändert sich das und die Realität des Erwachsenseins tritt zutage. Miranda ist die Einzige, die das verstanden hat. Sie macht für Männer keine Kompromisse, was ihre Karriere angeht, sie sucht bei ihnen nicht permanent nach Bestätigung und sie sucht nicht ständig nach dem Einen, den sie heiraten wird. Sie lässt sich von den Verurteilungen anderer nicht unterkriegen, wie damals als Magda ihren Vibrator gegen eine Statue der heiligen Maria austauschte. Sie ist die Einzige, die nicht ständig von einem Drama ins nächste schliddert und sich in selbstzerstörerischen Mustern verliert. Wenn ich sie heute betrachte, würde ich sagen, dass Miranda die Einzige der vier Charaktere ist, mit der ich regelmäßig meine Zeit verbringen wollen würde. Sie ist vielleicht nicht perfekt oder die emphatischste Person aller Zeiten, aber zumindest ist sie immer sie selbst.

Ich war neugierig, ob meine Freundinnen mit den Jahren ähnliche Sinneswandel bezüglich Miranda erfahren hatten. Ich schrieb einigen per E-Mail und stellte fest, dass sie tatsächlich alle die gleiche Kehrtwende gemacht hatten. Meine Freunden Katelyn sagte: „Man verbringt so viel Zeit mit Carrie, dass man natürlich mit ihr sympathisiert, aber das ist das klassische Stockholm-Syndrom. Miranda daneben ist die bodenständigste und verlässlichste von allen. Sie ist die, die auf die Straße geht, auch wenn sie nicht perfekt gestylt ist.” Eine andere Freundin von mir erklärte: „Zu mir haben die Leute immer gesagt, ich sei wie Miranda und ich hörte das nicht gerade gerne, weil sie einfach nicht heiß ist und ein bisschen schnarchig. Ich sehe das auch heute noch so, allerdings fand ich die Serie allgemein ziemlich beschissen, als ich sie mir noch einmal angesehen habe. Ich habe sie mal geliebt. Heute finde ich sie widerlich und unerträglich lahm. Ich war überrascht, dass ich so empfand.“ Wie wahr. Es ist immer ein bisschen traurig, wenn man sich umschaut und feststellt, dass die alten Freunde gar nicht so großartig sind, wie man dachte. Carrie, Samantha und Charlotte werden immer einen Platz in meinem Herzen haben. Das ist ein bisschen so wie bei alten Freunde, denen ich nur das Beste wünsche, mit denen ich aber keinen Kontakt mehr habe. Im Zuge des Erwachsenwerdens, möchte ich mich aber vor allem mit klugen, erwachsenen, selbstbewussten Frauen umgeben, die tiefe Liebe empfinden können, sich aber dennoch nicht jeden Scheiß gefallen lassen. In anderen Worten: Ich bin gerne wie Miranda.

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