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Die Frauen von Cannes 2018: Nur 3 von 21 Filmen stammen aus weiblicher Hand

Foto: GettyImages/ Andreas Rentz
Schon der Blick auf die blanken Zahlen beweist, wie meilenweit die Filmbranche von einer Gleichberechtigung der Geschlechter entfernt ist. Ganz unabhängig von #metoo, Weinstein und #whywewearblack sind Diskriminierung, Ignoranz und männliche Überheblichkeit an der Tagesordnung. Die Internationalen Filmfestspiele in Cannes nutzten die Frauen der Industrie nun erneut, um auf diese Missstände aufmerksam zu machen.
Seit dem ersten Filmfestival in Cannes im Jahre 1946 nahmen nur 82 Filme von Frauen am Wettbewerb teil. Dem gegenüber stehen 1.688 Werke von männlichen Kollegen. Eine Goldene Palme konnten bisher nur zwei Frauen mit nach Hause nehmen: die neuseeländische Regisseurin Jane Campion 1993 für Das Piano und die französische Regisseurin Agnès Varda, die 2013 die Ehren-Palme für ihr Lebenswerk erhielt.
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Dem gegenüber stehen 71 männliche Preisträger. Bei einer solchen Diskrepanz kann es nicht nur daran liegen, dass die Beiträge der Regisseurinnen schlicht „schlechter” sind. Und wer nun unkt, dass es eben zu wenige Frauen in der Branche gibt, sieht das Problem vom falschen Sichtpunkt aus. Ja, es mag sein, dass die Filmbranche von Männern dominiert wird. Aber das kann keinesfalls an einer ungleichen Verteilung von Talent liegen, vielmehr müssen wir uns fragen, woran es liegt, dass so wenige Frauen sich bisher einen Namen in der Filmbranche gemacht haben oder machen konnten.
Eine Ungerechtigkeit, die seit einigen Jahren mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückte, ist die schlechtere Bezahlung der Schauspieler*innen – bei gleicher Leistung. Ein Trend, der auch im Alltag zu beobachten ist und sich Gender Pay Gap nennt. Die Weinstein-Debatte rollte wie ein Donnerschlag durch die Filmindustrie. Sexuelle Belästigung, Nötigung, patriarchalisches Verhalten waren und sind von Hollywood bis Babelsberg anscheinend an der Tagesordnung.
Man kann es nicht oft genug aussprechen und anprangern. In Cannes verlasen Jury-Präsidentin Cate Blanchett und die Regisseurin Agnès Valda im Namen von 82 Frauen (Hint, Hint!) auf dem roten Teppich einen Appell an die Branche. In Schwarz gekleidet forderten die Frauen Einkommens- und Chancengleichheit. Von den 21 Beiträgen in diesem Jahr stammen wieder nur drei Filme von Frauen. Die Italienerin Alice Rohrwacher geht mit Lazarus Felice in den Wettbewerb, von der Libanesin Nadine Labaki stammt der Beitrag Capernaum. Die Französin Eva Husson ist mit Les Filles du Soleil im Wettbewerb dabei.
Alice Rohrwachter feierte ihr Regiedebüt im Jahre 2006 mit der Dokumentation Checosamanca, 2011 folgte ihr erster Spielfilm Für den Himmel bestimmt. 2014 erhielt sie in Cannes den Großen Preis der Jury für das Sozialdrama Land der Wunder. In Lazarus Felice erzählt Rohrwachter die Geschichte des naiven Bauernjungen Lazarus, dem es scheinbar gelingt, durch die Zeit zu reisen.
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Die Libanesin Nadine Labaki machte sich vor allem als Regisseurin von arabischen Musikvideos einen Namen in ihrer Heimat. 2007 präsentierte sie ihren ersten Spielfilm Caramel, der vom täglichen Leben und den alltäglichen, gesellschaftlichen und auch religiösen Problemen von sechs libanesischen Frauen erzählt. Er ist einer der gefeierten Filme des neuen libanesischen Kinos, lief im Wettbewerb um die Goldene Palme und wurde in über 40 Ländern gezeigt. Ihr Beitrag Capernaum handelt von einem Jungen, der seine Eltern verklagt und vor Gericht bringt, da sie ihn „geboren” haben, in eine Welt voller Schmerz und Leid.
Eva Husson ist die einzige weibliche französische Regisseurin, die dieses Jahr in Cannes im Wettbewerb um die Goldene Palme zeigt, was ihr viel Aufmerksamkeit bescherte. Die Premiere ihres Films Les Filles du Soleil wurde daher als Zeitpunkt gewählt, um das Statement der 82 Frauen der Filmbranche zu verlesen. In Les Filles du Soleil geht es um Kämpferinnen in Kurdistan, die gemeinsam gegen die Extremisten kämpfen, um ihre Heimatstadt – und sich selbst – zu befreien.
Das gibt dem Protest natürlich noch eine weitere Bedeutungsebene, auch wenn man den militanten Kampf gegen Extremisten und um Leben und Tod keinesfalls eins zu eins auf eine Statement-Verlesung in Cannes übertragen sollte. Aber wer nun sagt, all das sei von uns „normalen“ Frauen ohnehin zu weit entfernt, dem sage ich, dass es immer einen Stein des Anstoßes geben muss und dass so prominente Kämpferinnen für Gleichberechtigung das Thema auf das Parkett aller gesellschaftlichen Bereiche bringen können.

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