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Was ich aus dem schlimmen Weihnachtsgeschenk von meinem Ex über uns lernte

Illustration: Vero Romero.
Als ich noch in der Schule war, kaufte mir mein damaliger Freund zu Weihnachten das hässlichste Kleid aller Zeiten. Nein, im Ernst: Obenrum war es ein hellbraues Pulloverkleid, untenrum ein brauner Karorock, mit drei silbernen Haken am Kragen. Anstatt ihm aber ganz direkt zu sagen, dass das Kleid furchtbar aussah und ich nichts damit zu tun haben wollte, tat ich das, was wohl jeder Mensch in diesem Alter getan hätte: Ich behauptete, es gefiele mir total.
Leider sagte er mir daraufhin – und zwar ziemlich deutlich –, dass er sich wünschte, ich würde das Kleid auch am nächsten Tag anziehen, wenn wir zur Familienfeier bei seiner Tante fuhren. „Cool, cool“, antwortete ich. 
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Dabei war das alles andere als cool. Am nächsten Morgen durchkämmte ich also verzweifelt mein Zimmer, auf der Suche nach allen Accessoires, die das Kleid halbwegs präsentabel machen würden. Das war wie eine Project-Runway-Aufgabe direkt aus der Hölle.
Weil ich damals 17 Jahre alt und es meine erste „ernste“ Beziehung war, war mir sehr wichtig, was seine Familie und Freund:innen von mir hielten, weil er immer wieder betonte, das mit uns sei was Langfristiges. Mir war gleichzeitig auch viel zu wichtig, was er von mir dachte, weil ich fest davon überzeugt war, nicht gut genug für ihn zu sein. (Diese unlogischen, selbstkritischen Gedanken waren vermutlich das Ergebnis dessen, dass er mich betrogen hatte – mehrmals – und mirdanach eingeredet hatte, ich müsste mich ändern, damit unsere Beziehung weiter bestehen konnte.) Schließlich entschied ich mich für ein langärmeliges Top und eine braune Strumpfhose, womit das Kleid halbwegs ordentlich aussah – aber ja, das Ergebnis war trotzdem so hässlich, wie du dir vermutlich vorstellst.
Als mich mein Freund dann mit seinem Auto abholte, trat ich aus dem Haus und wäre am liebsten im Boden versunken. Ich war zwar Profi darin, so zu tun, als sei nach seinem Seitensprung alles total okay; aus irgendeinem Grund fiel es mir jetzt aber extrem schwer, meine wahren Gefühle für dieses Kleid zu verbergen. Ich setzte mich zu ihm ins Auto und wartete ab, ob er selbst bemerken würde, wie schlecht es mir ging. Das tat er nicht – und daraufhin verlor ich komplett die Nerven. Ich brach in Tränen aus, entschuldigte mich bei ihm dafür, dass ich das Kleid in Wahrheit hasste und flehte ihn an, deswegen nicht sauer zu sein. Mit kalter Stimme forderte er mich dazu auf, wieder reinzugehen und mich umzuziehen. Anstatt mir zu versichern, dass das gar kein großes Thema war, sagte er, seine Mutter würde das Kleid wieder umtauschen. Das tat sie dann auch, und er zwang mich, sie dabei zu begleiten. Aber wow, danach fühlte ich mich so unfassbar schuldig. Ich hatte das Gefühl, ihn und seine Familie beleidigt zu haben.
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 Ich war zwar Profi darin, so zu tun, als sei nach seinem Seitensprung alles total okay; aus irgendeinem Grund fiel es mir jetzt aber extrem schwer, meine wahren Gefühle für dieses Kleid zu verbergen.

Im nächsten Jahr bat er mich dann darum, ihm zu Weihnachten einen Wunschzettel zu schreiben, als würde ihn das von sämtlicher Verantwortung befreien, falls wieder irgendwas schiefging. Genau so ging er generell mit Problemen in unserer Beziehung um: Anstatt zuzugeben, dass auch er eine Mitschuld bei unseren Schwierigkeiten trug, schob er immer mir die Schuld in die Schuhe – und demnach war es dann auch immer meine Aufgabe, alles wieder geradezurücken. Weil ich ihn glücklich machen wollte, schrieb ich ihm also eine lange Wunschliste: ein Portemonnaie, Ohrenwärmer, ein schöner Pyjama und diverses anderes Zeug, das gerade im Trend war. Ich fühlte mich danach wie eine verwöhnte Göre.
An Weihnachten besuchte ich ihn zu Hause, damit wir unsere Geschenke austauschen konnten, und der Esstisch war voller Geschenke für mich. Seine Mutter beobachtete mich mit einem selbstgefälligen Grinsen, während ich die Geschenke aufmachte – als wollte sie mich dazu provozieren, zu sagen, sie gefielen mir nicht. Eins nach dem anderen packte ich jedes einzelne Geschenk von meinem Wunschzettel aus. Genau genommen hatte er mir ja alles geschenkt, was ich mir gewünscht hatte; trotzdem war ich zutiefst unglücklich und fühlte mich irgendwie leer. Beim Anblick all dieser Geschenke wurde mir klar, dass sie nur eine Fassade waren, hinter der sich all unsere Beziehungsprobleme versteckten. Daraufhin konnte ich die Tatsache nicht mehr ignorieren, dass unsere Beziehung völlig ungesund war.
Wir trennten uns nicht mal einen Monat später, und ich spendete alle seine Geschenke an die Wohlfahrt. Rückblickend war es schon von Anfang an klar, dass wir nie auf derselben Wellenlänge waren. Es ging in Wahrheit nie um das Kleid oder um die „richtigen“ Geschenke – sondern darum, sich gehört und unterstützt zu fühlen, und wie als Teil eines Teams. Ich wünschte, ich hätte schon früher erkannt, dass meine starke Reaktion auf das Kleid ein Symptom größerer Probleme innerhalb unserer Beziehung war – nämlich seiner Seitensprünge und seines kontrollsüchtigen, manipulativen Verhaltens. Ich will damit nicht behaupten, dass ich die perfekte Freundin gewesen sei, aber ich war sicherlich auch keine furchtbare, und ich verlangte auch nie von ihm, er solle intuitiv einfach wissen, was ich wollte (weder zu Weihnachten noch generell). Ich brauchte einfach einen Partner, der meine Gefühle nachvollziehen und Verantwortung für seine Hälfte in unserer Beziehung übernehmen konnte. Und er hatte mir wieder und wieder gezeigt, dass er das nie für mich tun würde.
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Natürlich sollte ein schlechtes Geschenk nicht gleich das Ende einer Beziehung einläuten. Ich habe aber gelernt, dass es ein Anzeichen einer ungesunden Beziehung ist, wenn ich nicht weiß, wie ich meinem Partner kommunizieren soll, dass mich etwas stört – und wenn er es gar nicht erst hören will. Manchmal sind „red flags“ eben nicht ganz so offensichtlich, und auch nicht rot, sondern vielleicht hellblau und braun kariert.
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