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Rapperin Lizzo über Mobbing in der Schule & den Weg zur Selbstliebe

„Liebe deinen Körper und scheiß drauf, was die anderen über dich sagen“, so lautet das Motto der US-amerikanischen Sängerin Melissa Jefferson alias Lizzo, die in den Vereinigten Staaten längst als Role Model in Sachen Body Positivity und Selbstempowerment gefeiert wird. Die 30-jährige Rapperin aus Minneapolis setzt sich auf und abseits der Bühne für Themen wie Gleichberechtigung, LGBTQ-Rechte und gegen Bodyshaming ein. Am vergangenen Valentinstag hat sie mit dem Stück „Cuz I Love You“ den Titelsong ihres kommenden Albums veröffentlicht, auf dem sie sich für Diversität und gegen Homophobie stark macht. Lizzo im Gespräch über ihren mutmachenden „Stresstest für die Selbstliebe“.
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Refinery29: „Cuz I Love You“ ist ein ziemlich dramatischer Lovesong. Wie kam es dazu?
Lizzo: Es geht darum, so happy zu sein, dass man sofort losheulen könnte. Ich weine in diesem Song nicht aus Schmerz, sondern vor Glück. Manchmal kann ich echt romantisch sein. Aber ich liebe es auch, in meinen Liedern Klartext zu sprechen. Auf meinem kommenden Album habe ich all die verschiedenen Gefühle der letzten drei Jahre verarbeitet. Und es fühlt sich gut an, die ganze Welt an meinen Emotionen teilhaben zu lassen.
Auf dem Artwork deines nächsten Albums zeigst du dich komplett hüllenlos. Das beweist auch, dass du keine Angst hast dich angreifbar zu machen...
Die ganze Platte handelt von Verletzlichkeit und von der Stärke, die auf der anderen Seite immer auch eine gewisse Angreifbarkeit mit sich bringt. Diese Art von Schutzlosigkeit wollte ich auch auf dem Frontcover darstellen. Man sollte sich weder für das eigene Äußere noch für Gefühle schämen. Ich liebe meinen Körper und fühle mich nackt einfach am wohlsten. Warum sollte ich das unterdrücken?
Du setzt dich öffentlich stark gegen Bodyshaming und für mehr Diversität ein. Betrachtest du diesen Kampf als deine Mission?
Meine Mission ist, eine vermeintlich andere Art von Frau zu repräsentieren. Menschen wie ich tauchen in den Medien noch immer so gut wie gar nicht auf. Künstlerinnen wie Missy Elliott oder Queen Latifah haben mich in meiner Jugend wahnsinnig inspiriert und dazu beigetragen, mich zu der Person zu entwickeln, die ich heute bin. Ich möchte den jungen Frauen heute ein ebenso gutes Vorbild sein, wie es diese beiden großartigen Musikerinnen damals für mich waren. Je öfter im Fernsehen ganz normale Menschen mit ganz normalen Körperformen zu sehen sind, desto weniger Kids werden in der Schule gemobbt, weil sie nicht dem Schönheitsideal aus den Medien entsprechen.
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Wie sah denn deine eigene Schulzeit aus?
Ich war nur das „fat black girl“ und wurde schon morgens im Bus gemobbt. Besonders ein Typ hatte es von der 5. Klasse bis zur Highschool auf mich abgesehen und verpasste mir den Spitznamen „Fat Ass“. Das tat ganz schön weh. Ich habe immer versucht, mich in der Pause in Büchern zu vergraben, um ja nicht aufzufallen. Doch irgendwann platzte mir der Kragen und ich fragte ihn: „Weißt du was? Mein Arsch ist dick – und ich liebe ihn dafür! Fällt dir nichts Kreativeres ein?“ An diesem Tag habe ich aufgehört, mir von solchen Bemerkungen den Tag vermiesen zu lassen. Diese Erfahrungen haben mich nur stärker gemacht und mir ein gesundes Selbstbewusstsein gegeben. Ich bin stolz, dass ich im Grunde immer noch dieses nerdy girl von damals bin, ohne mich irgendwelchen Erwartungen anzupassen.
Dieses Selbstbewusstsein hört man heute deutlich in deinen Songs heraus. Wie komponierst du?
Ich hatte einfach keine Wahl und musste dieses Mobbing in etwas Positives verwandeln, das mir Kraft gab. Meine Songs entstehen üblicherweise aus den verschiedensten Situationen. Ich kann immer und überall schreiben – Hauptsache ist, es ist genug Essen im Haus (lacht). Wenn ich im Studio bin, läuft es immer gleich ab: Wir beraten erst einmal stundenlang, was wir zu essen bestellen wollen. Nachdem wir in Ruhe gegessen haben, machen wir uns irgendwann ganz entspannt an die Aufnahmen. Mein Sternzeichen ist Stier; wir lieben es gemütlich und zurückgelehnt. Gutes Essen und gute Musik gehören für mich einfach zusammen.
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Mein Album ist der ultimative Stresstest für die Selbstliebe

Lizzo
Gab es einen Schlüsselmoment, dich auch in deiner Musik mit den Themen Self-Love und Empowerment zu beschäftigen?
Ich fing 2014 an, ganz bewusst über meinen Körper zu singen. Ich wurde in einem Interview nach meinem Verhältnis zu meinem Körper gefragt und welcher Teil davon mein liebster wäre. Es fiel mir richtig schwer, diese Frage zu beantworten. Nach langem Nachdenken sagte ich, dass ich meine dunkle Haut sehr schön fände. Ich hatte mir bis dahin noch nie Gedanken darüber gemacht, ob ich mich selbst schön finden würde. Das war die Inspiration zu dem Song „My Skin“, der unfassbar positive Reaktionen erhielt. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich eine Mission zu erfüllen habe.
Du benutzt deine dunkle Haut in dem Song als eine Metapher für Andersartigkeit, aber auch für den Umstand, dass alle Menschen gleich sind...
Ich liebe meine dunkle Hautfarbe! Andererseits ist sie einer der größten Beweggründe, weshalb People of Color in dieser Kultur heute immer noch ausgegrenzt werden. Ich will ein Bewusstsein für die Menschen schaffen, die ich „die anderen“ nenne. Gerade heute im Zeitalter von Social Media gibt es ein gewisses Bild, in das viele Menschen einfach nicht hineinpassen und deshalb ausgeschlossen werden. Ich wurde in meinem Leben schon so oft aus den verschiedensten Gründen ausgegrenzt: Ganz egal, ob es um Partys geht, auf die man nicht eingeladen wird oder darum, eine*n feste*n Freund*in zu haben. Mir reicht es einfach! Ich will die Menschen zusammenbringen, statt sie zu spalten. Mit meiner Musik und meinen Shows will ich gerade die Leute ansprechen, die sich sonst ausgestoßen fühlen. Wobei natürlich alle Menschen bei meinen Konzerten willkommen sind.
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Auch in der Kunst wird der Mainstream größtenteils immer noch von weißen, männlichen Vertretern dominiert. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Ganz einfach: Weil weiße Männer gerne kontrollieren. Frauenfeindlichkeit ist immer noch das wirksamste Mittel der Machterhaltung. Es ist nun einmal so, dass weiße Männer immer noch das Monopol auf verschiedene Dinge besitzen. Sie werden nicht umsonst als „Gate Keeper“ bezeichnet, die über den Einfluss der Frauen in vielen Belangen entscheiden. Doch glücklicherweise beginnt diese Mentalität langsam zu bröckeln. Seit Social Media kann jede*r selbst entscheiden, was er oder sie sehen, hören oder lesen möchte. Das Internet führt den Menschen so langsam vor, wer tatsächlich die Hosen anhat. Und ich sage nur eines: Es sind nicht die weißen Männer!
Woher nimmst du eigentlich diese unglaubliche positive Power?
Ich betrachte mein gesamtes Leben als eine Form des Aktivismus. Als Schwarze Frau ist das Leben in den USA oft schon bei der Geburt vorbestimmt. Man wird systematisch ausgegrenzt, stigmatisiert und benachteiligt. Wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre ich ganz sicher wieder in die Pussy meiner Mom zurückgekrabbelt. Ich will zeigen, dass sich gerade Schwarze Frauen nicht mit den Umständen abfinden müssen, sondern sich trotz dieser Widrigkeiten verwirklichen und glücklich sein können! Die größte Form der Unterdrückung ist die Spaltung. Es gibt viele Bewegungen, die momentan gegen die gleichen Dinge und für dieselbe Sache kämpfen. Das LGBTQ-Movement, Wissenschaftler*innen, die gegen die Thesen der Kreationist*innen aussprechen, die Black-Lives-Matter-Bewegung oder Frauenrechtler*innen haben im Grunde alle das gleiche Ziel: den Kampf gegen die Unterdrückung verschiedenster Formen. Wir müssen nur endlich gemeinsam an einem Strang ziehen. Wenn wir lernen, zusammenzuarbeiten statt jede*r für sich, wird das sehr schnell zu Veränderungen führen.
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Bist du auch selbst auf Protestmärschen unterwegs?
Auf jeden Fall! Zwar nicht so oft, wie ich eigentlich möchte, aber ich versuche doch, präsent zu sein. Der Clip zu meinem Song „Batches & Cookies“ wurde während einer Veranstaltung gegen die gleichgeschlechtliche Ehe gefilmt. Wir haben uns auf die Seite der Gegendemo gestellt und sie mit unseren Love-Parolen niedergebrüllt!
Mitte April erscheint dein neues Album „Cuz I Love You“. Was, wünschst du dir, sollen die Hörer*innen mitnehmen?
Begriffe wie „Selbstliebe“ sind mittlerweile fast schon zu einem kommerziellen Label mutiert, das überall drauf geklebt wird, um Kohle zu machen. Viele Firmen springen mit ihren Produkten auf diesen Zug auf, um diesen Trend groß auszuschlachten. Ich möchte zeigen, dass es sich nicht nur um eine hohle Phrase, sondern um eine Denkweise, eine ganze Lebensart handelt. Selbstliebe kann man sich nicht für ein paar Cent im Laden kaufen, sondern muss sie hart erlernen. Ich erzähle von den schwierigen Momenten. Davon, auch dann nicht den Glauben an sich zu verlieren, wenn man einsam ist oder von anderen verletzt und verspottet wird. Der ultimative Stresstest für die Selbstliebe sozusagen.

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