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Ist es rassistisch einen Dating-Typ zu haben?

Dieser Artikel erschien zuerst bei RosaMag

Ich mag große Männer. Unabhängig davon, ob sie hell oder dunkel sind. Doch wenn ich mit meiner Ladys-Runde beisammensitze, kristallisieren sich schon klare Vorlieben heraus. Macho, kein Macho, trainiert, untrainiert, mit Tattoos oder Körperbehaarung. Wenn es um die ersten Dates geht, ist kaum einer von Oberflächlichkeiten befreit. Doch dann habe ich einige Freundinnen, die ganz klar auf schwarze Männer stehen oder eben überhaupt nicht. Als ich auf den Beitrag “Vorurteile beim Online-Dating” von der Redakteurin Thembi Wolf stieß, stellte ich mir die Frage: Warum stehen manche Menschen auf einen bestimmten Typen? Hat es mit Vorurteilen zutun, wenn ich ausschließlich mit weißen, schwarzen oder asiatischen Männern oder Frauen ausgehe? Wenn ich mir den Race and Attraction Bericht von der Dating-Plattform Ok Cupid anschaue, irgendwie schon. Asiatische Männer und schwarze Frauen erhalten die wenigsten Anfragen. Es zeigt, dass der ethnische Hintergrund für viele Einzelpersonen ein Faktor ist, ob sie mit jemanden ausgehen oder nicht. Das hat mich neugierig gemacht. Ist es rassistisch einen Dating-Typ zu haben und warum? Ich habe mit unterschiedlichen Frauen und Männern gesprochen, um eine Antwort zu erhalten.
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“Ich date die Typen, die auch auf mich stehen”

“Ich schlafe nur mit schwarzen Männern,” erklärt Vanessa, eine  junge afrodeutsche Frau. Auf meine Frage, warum, überlegt sie länger und erklärt: “Ich habe das Gefühl, dass wenn ich mit einem weißen Mann schlafe, würde ich meine Brüder verraten.” Was recht drastisch klingt, rührt von einer langen Episode von rassistischen Erfahrungen. In einem Dorf aufgewachsen, ohne jeglichen Zugang zur afrodeutschen Community, war es für sie ein Befreiungsschlag nach Berlin zu kommen. Von Tinder bis hin zu Ok Cupid kann sie vor dem ersten Treffen ihren Dating-Typ auswählen und das findet sie auch gut. Was Vanessa beschreibt, ist psychologisch betrachtet ein nachvollziehbares Verhalten: Ähnlichkeit erzeugt ein Gefühl der Sicherheit. Dabei muss es sich nicht ausschließlich  um optische Gemeinsamkeiten handeln. “Ich stehe einfach auf Männer, die auf mich stehen,” erklärt Marie, die sich auf ihren Körper bezieht. Marie ist 1,68 groß, weiß, hat blonde Haare, grüne Augen und ist dem europäischen Schönheitsideal basierend, korpulenter. “Deutsche Männer können nix mit mir und meinen Kurven anfangen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mixed Männer mich einfach attraktiver finden,” erklärt sie und versucht auszumachen, wann der Moment kam, an dem sie auf afrodeutsche Männer stand. “Ich denke, es ging einher mit meiner Leidenschaft für Musik. Als Teenagerin habe ich angefangen RnB und HipHop zu hören, dadurch begann ich auf Nelly und Usher zu stehen. Dann ging es in die Clubs und da habe ich entsprechend auch Männer kennengelernt, mit denen ich mehr Gemeinsamkeiten hatte.”

“Gemixt ist immer besser!”

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Obwohl Marie, wie sie sagt einen “bunten Freundeskreis” hat, unterscheidet sie ganz klar zwischen afrikanischen Männern, afroamerikanischen und afrodeutschen Männern: “Wenn sie einen afrikanischen Akzent haben oder Bling-Bling-Sachen tragen, sind sie bei mir raus. Das geht gar nicht!” Welches Phänomen Marie damit beschreibt, ist das intra-racially dating. So daten weiße Männer, eher weiße Frauen und Women of Color, eben auch Men of Color. Wenn es zum inter-racially dating kommt, spielt der soziale Status eine wichtige Rolle. Marie ist bereit mit afrodeutschen Männern auszugehen, solange sie eine gute Bildung, Einkommen, Prestige oder Macht vermitteln. Auf die Frage, ob sich Marie auch vorstellen könnte mit einem asiatischen Mann eine Beziehung oder ein wenig Spaß zu haben, erklärte sie ganz bestimmt: “Sie sind mir zu feminin. Ich brauche schon jemand männlicheres.” Als ich mich dann auf einen Mann bezog, mit einer Mutter, die einen südkoreanischen Hintergrund hat und einen weiß-deutschen Vater, winkt Marie ab und sagt: “Das gilt nicht. Der ist ja gemixt! Gemixt ist immer besser!”

“Von außen schwarz, von innen weiß”

“Möchtest du nicht für mich twerken,” ist ein Satz, den Binta schon mal im Club gehört hat. Binta ist weiß und schwarz. Sie ist Afrodeutsch und macht die Erfahrung, dass sie recht häufig von weißen Männern anzüglich behandelt wird. Hinzukommen vermeintliche Komplimente, wie “Du bist sehr hübsch, weil du gemixed bist”. Das führt dazu, dass sie mit Männern ausgeht, die auch irgendeine Form von Migrationshintergrund haben, da sie Bintas Auffassung nach ihre Herausforderung, als afrodeutsche Frau besser nachvollziehen können. Diese Exotisierung, die gerade Frauen und Männer, die aus zwei unterschiedlichen Nationalitäten stammen erleben, sorgt dafür, dass sie für einige Menschen begehrenswerter wirken. “Von außen schwarz, aber von innen weiß. Das ist es, was gefühlt alle haben möchten,” versucht die afrodeutsche Vanessa, diese Vorliebe zu beschreiben und rollt mit den Augen. Ben, der auch ein österreichischer PoC ist, macht es sogar teilweise paranoid.
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Verstärken Apps und Online-Plattformen rassistisches Dating?

“Inzwischen ist meine Einstiegsfrage: Mit wie vielen schwarzen Männern warst du bereits zusammen?”, erklärt er und bezieht sich auf seine letzten Tinderdates. Ben steht auf weiße, blonde, sehr schlanke Frauen, wie er erklärt. Allerdings macht er, seitdem er in Berlin lebt und in der Online-Datingwelt surft, die Erfahrung, dass er ein “Typ” ist. “Teilweise haben die Frauen verheimlicht, dass sie bereits zwei oder drei Kinder von anderen schwarzen Männern haben oder das sie nur mit schwarzen Männern ausgehen. Es kam nach und nach heraus!” Auf meine Frage, was denn so schlimm daran wäre, schaut er mich schockiert an und sagt: “Ich möchte doch kein Fetisch sein! Ich möchte, dass eine Frau mich für mich mag. Ich möchte nicht einer von vielen Typen auf einer langen Liste sein.” Doch sind Online-Datingplattform dann zum Vor- oder Nachteil? Wenn ich schon vorab auswählen kann, ob eine Person einen afrikanischen oder indischen Hintergrund hat, behalte ich dadurch ein homogenes Partnerwahlmuster bei. Somit können sich auch Machtstrukturen reproduzieren, wie beispielsweise unter weißen Pärchen. Statistiken und Studien zeigen unterschiedliche Tendenzen. In den USA beispielsweise steigt die Anzahl an interracial marriages an, aufgrund von Online Dating. Während der Racial and Attraction Bericht zeigt, dass weiße Frauen die beliebtesten Dating-Partnerinnen sind, danach folgen asiatische Frauen. Doch schwarze Frauen sind die unbeliebtesten.

Die Frage lautet: Ist es rassistisch bestimmte Typen nicht zu daten?

Der Grund weshalb Ben lieber weiße Frauen datet und Marie schwarze Männer, liegt an ihrem Umfeld, ihren Erfahrungen und eben auch an ihren Vorurteilen. Diese werden durch Unwissenheit verstärkt. Würde Marie auch mit Männern ausgehen mit einem asiatischen Hintergrund, wenn sie in ihrer näheren Umgebung mehr mit ihnen in Berührung gekommen wäre? Und würde Vanessa weiße Männer daten, wenn sie in Berlin in einer weißen Community wäre? Das ist eine wichtig Frage, da moderner Rassismus subtiler ist, wie der aversive Rassismus zeigt. Das bedeutet, dass Vanessa nicht mit weißen Männern ausgeht, weil sie negative Gefühle gegenüber Nichtschwarzen hegt, die sie sich nicht eingestehen will, weil sie zugleich an Fairness und Gleichheit glauben möchte. Auf diese Weise distanziert er sich subtil.  Daher lautet die Frage nicht, ob es rassistisch ist, ob Mann oder Frau einen Typ haben, eigentlich sollte die Überlegung lauten: Warum date ich einen bestimmten Typ nicht?
*Die Namen der Interviewpartner*innen wurde geändert, um ihre Privatsphäre zu schützen.

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