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Warum ich es hasse, meine Freundeskreise zu vermischen

Foto: Beth Sacca.
Ich habe mir so lange auf die Zunge gebissen, aber ich muss jetzt echt mal reinen Tisch machen: Freundeskreise zu mischen, ist absoluter Quatsch, und ich will nichts anderes hören.
Okay, das ist vielleicht ein bisschen dramatisch von mir, also lass es mich anders ausdrücken: Wenn du dich in der Gesellschaft anderer ohnehin schon etwas unsicher und verloren fühlst, dann verdoppelt sich dieses unangenehme Gefühl, wenn du deine unterschiedlichen Freundesgruppen mixt und dir Sorgen machen musst, ob sie miteinander auskommen (oder sich später gegenseitig kritisieren) werden. Das ist auch der Grund, warum ich meinen Geburtstag nicht mit einer großen Party, sondern lieber in kleineren Gruppen über mehrere Tage hinweg feiere.
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Während manche Leute das Mischen von Freundeskreisen als Chance sehen, eine größere Freundesgruppe zu bilden, denke ich dabei nur an peinliches Schweigen daran, und wie schwer es ist, etwas zu finden, worüber Menschen aus unterschiedlichen Bereichen meines Lebens miteinander reden könnten. Schon allein beim Gedanken daran stellen sich bei mir die Haare auf.
Ich gebe zu, dass meine Abneigung gegen das Zusammenlegen von Freundeskreisen größtenteils an Erfahrungen mit Freund:innen liegt, die sich nicht trauten, miteinander zu sprechen. Einmal fragte ich eine Freundin, ob ich noch jemanden zu einem Theaterstück einladen könnte, das wir uns ansehen wollten, und sie sagte „Ja“. Am Abend des Stücks lud sie dann eine:n andere:n Freund:in ein, ohne mir Bescheid zu geben (nicht, dass sie das hätte tun müssen!), und ignorierte mich den Rest des Abends. Scheinbar war sie doch nicht so einverstanden damit gewesen, dass ich eine Begleitperson mitgebracht hatte.
Ein anderes Mal stellte ich eine Freundin einer anderen Gruppe von Freund:innen vor, und sie verbrachte die meiste Zeit des Abends am Handy – dagegen ist ja an und für sich nichts einzuwenden. Aufgrund ihres Verhaltens dachten meine anderen Freund:innen aber, dass sie „nicht so nett“ sei, wodurch ich mich a) schlecht fühlte, weil sie einen falschen Eindruck von ihr hatten, und b) ich mich allgemein dafür verantwortlich fühlte, ob sie miteinander auskamen (oder nicht auskamen, in diesem Fall).
„Wenn wir andere zu einer Veranstaltung einladen, neigen wir dazu, uns dafür verantwortlich zu fühlen, wie sich unsere Gäste fühlen und ob sie Spaß haben oder nicht“, sagt Dr. Ali Mattu, Assistenzprofessor am Columbia University Medical Center. „Und dieses Verantwortungsgefühl kann in vielerlei Hinsicht angstauslösend sein.“
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Wenn wir andere zu einer Veranstaltung einladen, neigen wir dazu, uns dafür verantwortlich zu fühlen, wie sich unsere Gäste fühlen und ob sie Spaß haben oder nicht.

Dr. Ali Mattu
Abgesehen davon, dass es schwierig ist, alle unsere Leute unter einen Hut zu bringen, sagt Dr. Mattu, dass wir zum Code-Switching tendieren. Das heißt: Wir ändern die Art und Weise, wie wir sprechen, je nachdem, mit wem wir gerade reden. Mit anderen Worten: Die Art und Weise, wie du dich mit deinen Freund:innen in der Schule unterhieltst, wird sich wahrscheinlich von jener unterscheiden, wie du mit deinen Kolleg:innen sprichst. Wenn du dich also in einer Situation befindest, in der du Menschen aus unterschiedlichen Bereichen deines Lebens versammelst, ist es normal, dass du nervös bist – nicht nur, weil du beunruhigt darüber bist, ob sie miteinander zurechtkommen werden, sondern auch, weil du dir Sorgen darüber machst, wie du dich in ihrer Anwesenheit verhalten wirst.
Es ist ja nicht so, als ob ich all meine Freund:innen voreinander verstecke, weil ich heimlich ein Doppelleben als Spionin führe (im Ernst, ich wünschte, mein Leben wäre so interessant), aber wie Dr. Mattu sagt, haben wir aus so vielen verschiedenen Gründen Freund:innen, und diese unterscheiden sich voneinander. Nur weil du das gemeinsame Bindeglied bist und sie dich mögen, folgt daraus nicht unbedingt, dass sie sich auch gegenseitig mögen müssen. Und vielleicht ist das auch in Ordnung so.
„Wann immer wir jemanden kennen lernen, ist es zu Beginn etwas seltsam und unangenehm“, sagt Dr. Mattu. Vielleicht finden deine Freund:innen im Laufe eines Gesprächs heraus, dass sie ein gemeinsames Interesse haben, oder du kannst nebenbei erwähnen, dass beide Seiten The Walking Dead mögen, und hoffen, dass sich daraus ein Gespräch ergibt. Aber wenn das nicht der Fall ist, ist das auch in Ordnung. Vielleicht musst du dich einfach damit abfinden, dass deine Freund:innen in der Gegenwart anderer Freundeskreise unbeholfen sind oder einfach nicht miteinander auskommen.
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Ich finde es toll, dass meine Freund:innen alle so unterschiedlich sind und ich das Glück habe, mit so vielen tollen Leuten befreundet zu sein. Aber abgesehen von einer Person aus meinem Freundeskreis, die so sympathisch ist, dass sie sich wirklich mit allen gut versteht – ob nun mit meinen Freund:innen aus der Schule oder meinen Online-Freund:innen –, mache ich mir Sorgen darüber, wie es wäre, wenn ich unterschiedliche Freundeskreise versammeln würde. Denn ich möchte, dass sie Spaß haben. Sonst würde ich mich nämlich schuldig fühlen.
„Lass dich nicht von der Angst abhalten, dass deine Freundeskreise nicht miteinander auskommen könnten, denn Momente wie Geburtstage sind wichtige Ereignisse, und deine Freund:innen wollen dabei sein, um dich zu feiern“, sagt Dr. Mattu. „Es ist völlig in Ordnung, wenn sie die meiste Zeit mit dir und gemeinsamen Freund:innen verbringen und dann wieder gehen. Je älter wir werden, desto weniger Zeit haben wir, um unsere Freundschaften zu pflegen. Da wäre es doch schade, Gelegenheiten, um einander zu sehen, nicht zu nutzen. Außerdem ist es absolut okay, wenn nicht jede Person mit jeder anderen spricht.“
Nach gründlicher Überlegung werde ich dieses Jahr vielleicht doch eine größere Geburtstagsparty schmeißen. Bis dahin habe ich es aber nicht eilig, meine Freundesgruppen ohne triftigen Grund zu mischen.

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