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Beziehung & Geld: Mein Verlobter spart gern, ich nicht – geht das gut?

Photographed by Kieran Boswell.
Mein Verlobter Jan* und ich sind in vielen Dingen wie Tag und Nacht. Ich bin ein eine introvertierte Autorin, er ein extrovertiertes Stadtkind. Seine Vorstellung von einem anständigen Fernsehmarathon ist es, Pawn Stars zu bingen, während ich lieber den ganzen Tag Zwischen Tüll und Tränen gucke. Natürlich sind das jetzt keine großen Streitpunkte (Pro-Tipp: Zwei Fernseher sind im Winter richtige Beziehungsretter). Doch bei einer Sache können unsere unterschiedlichen Ansichten zu großen Problemen führen: beim Thema Finanzen.
Also nicht falsch verstehen: Wenn es notwendig ist, dann spare ich natürlich auch. Aber ansonsten setze ich eher auf das Mantra: „Lebe heute, bereue es morgen“. Letztes Jahr bin ich zum Beispiel mehrmals in den Urlaub gefahren. Ich war allein zweimal auf Ibiza – in der Hochsaison. Und wenn ich mich mal nicht in einem europäischen Luxusstrandclub verwöhnen ließ, nutzte ich die Zeit (und mein Geld), um auf Festivals zu gehen und mir ein überteuerstes Dinner in schönen Restaurants zu gönnen. Natürlich hat dieser rücksichtslose Umgang mit meinem Geld auch für Panik beim Rechnungen zahlen geführt. Und hin und wieder musste ich sogar mein Sparkonto anzapfen.
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Jan dagegen scheint seine Finanzen akribisch im Blick zu haben. Er ist 31 Jahre alt und plant schon den Kauf seines zweiten (!) Hauses – er wirkt einfach wie der perfekte Erwachsene. Jan versteht nicht, warum ich jedes Mal zusammenzucke, wenn ich meinen Kontostand checken will. Er führt nämlich eine Excel-Tabelle, in der er die Kosten für seine Hypothek, seine Rechnungen, Abos und andere Ausgaben immer auflistet. Außerdem plant er extra ein Wochenendbudget ein, damit er nie in Geldnot gerät.

Wenn es notwendig ist, dann spare ich natürlich auch. Aber ansonsten setze ich eher auf das Mantra: „Lebe heute, bereue es morgen.

Nichtsdestotrotz kriegen wir uns wegen den Finanzen nie in die Haare (zumindest bis jetzt). Der einzige Grund für Konflikte könnte vielleicht mein Kaufverhalten sein. Jan kann einfach nicht nachvollziehen, warum ich mir für jeden Anlass unbedingt ein neues Kleid kaufen muss. Aber als er mir in unserem Havanna-Urlaub kurz vor Weihnachten einen Antrag machte, kam ich doch ins Grübeln. Wie würde sich unsere Beziehung jetzt angesichts unserer unterschiedlichen Einstellung zu finanziellen Angelegenheiten entwickeln?
Peter Saddington, Berater und Therapeut bei Relate, meint, die finanziellen Aspekte seien einer der wichtigsten Gründe, warum Paare zu ihm kommen. Es kommt häufig vor, dass eine Person in einer Beziehung eher verschwenderisch lebt, während die andere sparsam ist. „Man findet nicht immer eine*n Partner*in, der oder die gleiche finanzielle Ansichten vertritt“, sagt er. Das schafft dann aber natürlich Platz für Auseinandersetzungen. Es könnte zu einem Punkt kommen, an dem die Geldprobleme sogar für so viel Stress sorgen, dass selbst die stärkste Liebe daran scheitern kann.
Saddington zufolge ist es möglich, eine gesunde Beziehung zu führen, auch wenn eine Person lieber spart und die andere nicht; es geht darum, wie man die Dinge als Paar handhabt und wie man die eigene Meinung vermittelt. Doch laut einer Umfrage der M&S Bank fühlt sich ein Viertel der Paare nicht wohl dabei, über ihre Finanzen zu sprechen. Auch für mich ist es mehr wie eine Diskussion darüber, wer den Müll diesmal rausbringt: Es saugt den ganzen Sexappeal aus der Beziehung. Aber tief im Inneren denke ich, meine Besorgnis ist eher auf die Tatsache zurückzuführen, dass ich so daran gewöhnt bin, mich nur um meine Finanzen kümmern zu müssen. Muss ich jetzt, wo ich heirate, jemand anderem Rechenschaft darüber ablegen, wie ich mein hart verdientes Geld ausgeben will?
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Da Jan viel mehr verdient als ich, ist meine größte Sorge, wie unsere Beziehung weiterhin gleichberechtigt bleiben soll, wenn wir alles 50/50 teilen wollen. Gleichzeitig möchte ich nicht, dass er immer die Rechnung bezahlt. Er soll nicht das Gefühl haben, er müsse jetzt die finanzielle Verantwortung für uns tragen. Und ich will mich nicht wie ein Schnorrer fühlen, zumal er ohnehin sehr großzügig ist und mich regelmäßig mit Urlaub, Kleidung und anderen Geschenken verwöhnt. Zum Glück ist er sehr verständnisvoll. Und als wir darüber sprachen, wie wir die Hochzeit bezahlen werden, kamen wir zu dem Entschluss, es an einem prozentualen Anteil unserer jeweiligen Gehälter festzumachen. Ich fragte mich, warum ich so lange mit dem Gespräch gewartet hatte und warum ich automatisch davon ausging, dass er alles 50/50 teilen wollte. Es war so viel einfacher, alles an die offen anzusprechen, statt sich allein darüber Gedanken zu machen.
Photographed by Kieran Boswell.
Was die Zukunft betrifft, so wollen Jan und ich für eine gemeinsame Wohnung sparen, falls wir irgendwann Kinder haben wollen. Ist das der Fall, haben wir höchstwahrscheinlich auch nur noch ein Einkommen, auf das wir uns verlassen können. Aber was passiert in der Zwischenzeit? Was, wenn ich Teilzeit arbeiten oder eine Umschulung machen will und dadurch eine vorübergehende oder sogar permanente Gehaltskürzung in Kauf nehmen muss? Wie gehen Paare bei Entscheidungen vor, die ihr Gesamteinkommen verändern könnte? Saddington meint, der Trick, um sich diesen Gesprächen zu nähern, sei die Verwendung des Wortes “ich“. „Sag lieber: ,Ich denke…, ich will…, ich glaube…‘. Das wirkt, im Gegensatz zu Du-Sätzen, weniger aggressiv und die Person kann darauf angemessen reagieren“, meint er. Er empfiehlt außerdem, die eigenen Argumente auf Fakten zu stützen. Solange du nicht alle Fakten und Zahlen auf den Tisch legst, hast du auch keinen Überblick über alle Ausgaben. Stell also sicher, dass ihr beide mit diesen Informationen ausgestattet seid.
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Saddington betont auch, wie wichtig das Timing und der Rahmen für diese Gespräche sind. Eine Bar ist zum Beispiel nicht der richtige Ort für dafür. „Wenn ihr die Dinge klären wollt, nehmt euch kurz vor dem Schlafengehen dafür Zeit. So zwingt ihr euch, schnell auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Ihr müsst euch hinsetzen und das Problem klar und deutlich besprechen. Lasst euch gegenseitig aussprechen und erklärt eurem Gegenüber, warum es sich um ein Problem handelt und wie es sich darstellt. Und versucht Lösungen anzubieten.“ Wenn ihr gemeinsam nicht zu einer Lösung kommt rät Saddington, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen – zum Beispiel von Berater *innen oder Finanzexpert*innen.

Wenn ihr die Dinge klären wollt, nehmt euch kurz vor dem Schlafengehen dafür Zeit.

Peter Saddington
Doch nun zu der Frage, vor der ich mich schon die ganze Zeit fürchte: Kann eine Beziehung zwischen einem Spendaholic und einem Sparfuchs jemals gut enden? Dafür gibt es ein klares Ja! vom Experten. „Eine gesunde Beziehung überwindet alle Hürden. Wenn eure Liebe stabil ist, könnt ihr Unterschiede tolerieren, denn ihr wisst, dass jeder Mensch anders ist. Eine funktionierende Beziehung akzeptiert Unterschiede und geht Kompromisse ein.“
Letztendlich war wohl meine größte Erkenntnis, wie ähnlich Jans und meine finanziellen Prioritäten sind. Obwohl wir unterschiedlich hohe Einkommen haben und anders unser Geld ausgeben, sind wir uns trotzdem einig, dass wir auf unsere Reisen nicht verzichten, aber dabei auch an eine gemeinsame Wohnung denken wollen. Und eine pompöse Hochzeit wollen wir beide nicht. All das wurde mir erst nach dem transparenten Gespräch bewusst, das ich so verbittert vermieden hatte.
*Der Name wurde geändert.

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